Im Januar 2022 hat sich bei der FNT ein historischer Wechsel an der Unternehmensspitze vollzogen: Der langjährige CEO und Gründer von FNT, Nikolaus Albrecht, hat sich aus der operativen Unternehmensleitung zurückgezogen. Seinen Platz übernimmt seitdem Carsten Wreth, der vorher in internationalen Konzernen als CIO für den User-Experience-Bereich zuständig war. Er hat bereits diverse Prozesse angestoßen, das stetig wachsende Unternehmen weiterzuentwickeln. Wir haben die Gelegenheit genutzt, ihn zu seiner Person und zu FNT zu befragen.
Andreas Thieme: Wie man im persönlichen Gespräch zweifellos hört, bist Du ja ein gebürtiger Norddeutscher. Wie verschlägt es jemanden wie Dich in die Ostalb?
Carsten Wreth: Ich habe im Laufe der Jahre viele verschiedene Dialekte und Mentalitäten kennengelernt. Nach der Arbeit in einem Großkonzern mit mehreren 100.000 Mitarbeitenden in Paris, habe ich mich bewusst für ein mittelständisches Unternehmen in einer beschaulichen, landschaftlich wunderschönen Gegend wie der Ostalb entschieden. Die Nähe zu den Kolleginnen und Kollegen ist hier viel größer, das genieße ich sehr. Und alle sind enger mit dem Standort verbunden. Der Start bei FNT stand für mich daher unter dem Motto: Raus aus dem eher anonymen Konzern, rein in eine eher familiäre Atmosphäre. Ich mag es, sich nicht nur über Termine und Arbeitsstände zu unterhalten, sondern mehr von den Mitarbeitenden zu erfahren.
Andreas Thieme: Wirkt sich das auch auf Entscheidungsprozesse und -zeiträume aus?
Carsten Wreth: Ja, Entscheidungen können wir bei FNT viel schneller fällen als woanders. Und das nicht von oben herab. Man muss nur ein paar Fragen stellen und dann liefern die Teams ganz von allein die passenden Ideen. Wir haben nach meinem Einstieg ein Hundert-Tage-Programm aufgelegt, um im Team herauszuarbeiten, wo wir besser werden können, zum Beispiel beim Service, im Feature-Set der Software und in der Kommunikation. Dabei ging es nicht nur um Ideen. Die Teams arbeiteten dazu auch Maßnahmen, Potenziale und Kosten heraus. Das hat super funktioniert und ist in einer Firma wie FNT viel leichter möglich als in einem Konzern.
Andreas Thieme: Das CIO-Magazin hat Dich mal als „Mann in der Mitte bei der Telefonica/O2“ betitelt, wo würdest Du Dich jetzt als CEO bei der FNT einordnen?
Carsten Wreth: Obwohl ich nicht mehr CIO bin, sehe ich meine Rolle nach wie vor als Mittler und Kommunikator zwischen Kunde und Technik. Customer Experience ist quasi mein Naturell. Es geht auch bei FNT darum, wie unsere Lösungen beim unseren Kunden ankommen, wie sie ihnen helfen. Im B2B-Business ist das sicher etwas anspruchsvoller, weil man echten Profis gegenübersitzt und über sehr komplexe Sachverhalte spricht. Aber auch hier gilt es, zwischen der Technik und den Kundenwünschen die richtigen Brücken zu bauen.
Andreas Thieme: Und wie sieht das dann konkret bei FNT aus?
Carsten Wreth: Wir haben bei FNT insgesamt eine sehr breite und sehr zufriedene Kundenbasis. Ich sage das ganz offen: Eine solche Kundenzufriedenheit findet man nicht oft. Aber natürlich bin ich jetzt nicht hier, um mich darauf auszuruhen. Vielmehr möchte ich herausfinden, was unsere Kunden benötigen, um gemeinsam noch besser zu werden und zu wachsen. Die hohe Kundenzufriedenheit zeigt, dass wir vieles schon sehr gut machen. Jetzt müssen wir schauen, wo in unserem Portfolio noch Potenziale schlummern, die wir für neue Produkte oder besseren Service nutzen können.
Andreas Thieme: Wo siehst Du denn die größten Marktchancen?
Carsten Wreth: Im DACH-Raum sind wir ja bereits relativ breit in den meisten Branchen vertreten. Zudem erweitern wir unser Geschäft auch in Europa, in den USA und Asien stetig. Viele unserer Kunden sind international tätig und agieren in mehreren europäischen Ländern mit Niederlassungen und Werken. Da liegt es nahe, ihnen in diese Märkte zu folgen. Das ist auch nicht besonders schwer, weil technische Anforderungen an den Betrieb von Infrastrukturen in allen Ländern nahezu identisch sind.
Andreas Thieme: FNT adressiert Stand heute ja eher Enterprise-Kunden, also sehr große Unternehmen. Einige betreiben ihre IT-Dokumentation in ihrem eigenen Rechenzentrum, andere verfolgen eine Cloud-First-Strategie. Wo wird sich FNT da positionieren?
Carsten Wreth: Den Trend sehen und bedienen wir schon länger. Software-Lösungen werden heute nur nicht nur als On-Premise-Variante für das eigene Rechenzentrum nachgefragt, sondern auch als modulare SaaS-Lösung in der Cloud. Entsprechend haben wir unsere Softwarestrategie bereits angepasst und bieten schon zahlreiche modulare Software-as-a-Service-Lösungen an. Natürlich ist diese Art der Softwarenutzung auch für kleinere und mittelständische Unternehmen interessant, weil die Anfangsinvestitionen eher gering ausfallen. Sie können die ersten Module selbst installieren, ohne dass wir als Software-Anbieter vor Ort sein müssen. Unsere Kunden sollten ‒ das ist unser Ziel ‒ schon nach 90 Minuten die ersten Ergebnisse sehen und den Wert der Software für ihr Business erkennen können. Zusätzlich ist es für uns wichtig, zu zeigen, dass wir unsere Kunden bei ihrem Wachstum und steigenden Anforderungen individuell begleiten und unterstützen können.
Andreas Thieme: Im DCIM-Bereich (Data Center Infrastructure Management) ist im Markt gerade einige Bewegung. Wie sieht hier die Strategie von FNT aus?
Carsten Wreth: Im Gegensatz zu einigen anderen Anbietern sehen wir im DCIM-Bereich noch viel Potenzial. Hier gibt es außerdem eine klare Tendenz, On- und Off-Premise-Installationen hybrid zu kombinieren und zu administrieren. Und das können wir hervorragend abbilden. Ich behaupte sogar, so gut wie kein anderer Anbieter. Für uns bietet dieser Markt viele Wachstumschancen und wir werden ihn definitiv weiter ausbauen.
Andreas Thieme: Gibt es weitere Marktbereiche, die sich gerade stark entwickeln, wie etwa IoT, 5G oder andere?
Carsten Wreth: Sehr interessant ist die Entwicklung im Bereich der Glaserfasernetze. Hier sind gerade in den letzten Jahren viele, auch kleinere Unternehmen entstanden, die eigenen Netze bauen und betreiben und einen hohen Bedarf für die Dokumentation ihrer Netzstruktur und -kabel haben.
Wir wollen aber auf jeden Fall die Breite unseres Funktionsangebots erhalten, weil das ein klarer Mehrwert für unsere Kunden ist. Die Kunden müssen sicher sein können, in FNT einen Partner zu haben, mit dem ihre Infrastrukturen stetig wachsen können, egal in welchem Bereich.
Andreas Thieme: Wie sieht es mit weiteren Mitarbeitern aus? Wird FNT auch da weiter wachsen?
Carsten Wreth: Wir planen tatsächlich Mitarbeiter einzustellen, auch weil das Unternehmenswachstum dies erfordert. Nicht jede oder jeder muss dazu aber auf die Ostalb ziehen. Mitarbeitende können genauso auch im Home-Office arbeiten. Das wird auch nach der Pandemie so bleiben und ermöglicht uns, bundesweit talentierte Mitarbeitende zu gewinnen. Zudem achten wir sehr darauf, auch Remote-Worker vollumfänglich in unsere Kultur zu integrieren. Wir haben beispielsweise ein Boarding-House, in dem ich anfangs sogar viele Wochen gerne gewohnt habe. Dort sitzen dann die Kollegen abends manchmal beim Grillen zusammen – für mich die beste Art, als neuer Mitarbeitender hier gut und schnell anzukommen.